Es fällt uns ungemein schwer zu akzeptieren, dass mit dem Ableben von August Stallinger die Gewerkschaftsbewegung des Postbusses in Oberösterreich nun um eine prägende Persönlichkeit ärmer geworden ist.
Diesen Nachruf verfasse ich in tiefer Betroffenheit, jedoch im Bewusstsein dessen, dass er für mich das Gleiche getan hätte.
Unsere kollegiale Beziehung, woraus später Freundschaft wurde (die auch manches aushalten musste und ausgehalten hat), geht auf die frühen siebziger Jahre zurück. Seine berufliche Heimat, die ihm viel bedeutete, sollte ab 1971 die Postgarage Ried/I werden. Nahezu 40 Jahre war er dann dort als Postbuslenker beschäftigt, ehe er 2010 pensioniert wurde und das Lenkrad für immer los ließ.
Gust – so wurde er kumpelhaft gerufen – war seit Jugendtagen nicht nur der Gewerkschaft tief verbunden, er engagierte sich auch bei der Jungen Generation der Sozialdemokratie. Als wir für Ried einen Betriebsrat suchten, machten wir mit ihm den sprichwörtlichen Glücksgriff.
Schon bald entwickelte er sich als ausgesprochener Sympathieträger mit viel Gemeinschaftssinn, ausgeprägtem Gefühl für Kollegialität, fand Zugang und Akzeptanz zu fast allen Verwendungs- und Altersgruppen.
Seinem Einfallsreichtum und seinem Organisationstalent waren kaum Grenzen gesetzt, wenn es um Aktivitäten mit geselligem Charakter ging. Das schweißte zusammen und bewirkte den legendären Rieder Gemeinschaftsinn. So manch ausgedehnte Feierstunden durfte ich miterleben und möchte sie niemals missen. Das wird wohl vielen anderen ebenso ergehen.
Ich lernte bei ihm ein sicheres Augenmaß für das Machbare und Zumutbare anderen gegenüber kennen, so dass er mir ein wichtiger Ratgeber und über mehrere Jahre mein verlässlicher Stellvertreter im Betriebsrat wurde. Das erforderte viel Verständnis und sehr wahrscheinlich auch manchen Verzicht bei seiner Gattin Franziska.
Gust verfügte darüber hinaus über eine besondere Mischung aus Konsequenz und der Fähigkeit zum tragbaren Kompromiss, zu dem er auch dann stand, wenn es schwierig wurde. „Hinter den Problemen stehen immer Menschen“, hat er einmal zu mir gesagt. In der Tat hatte er immer die Menschen im Blick.
Eine Organisation braucht Funktionäre die überzeugen und ihren Grundsätzen treu bleiben. Unser Stallinger Gust hat diese Anforderungen verkörpert wie kaum jemand anderer zuvor.
Franz Poimer