Robert Wurm

Postbus

KV-Auftakt beim Postbus – Arbeitnehmer fordern knapp 12 % mehr Gehalt

Erstes Gegenangebot für Betriebsratsvorsitzenden Wurm angesichts höchster Inflation seit 70 Jahren und akuten Personalmangels realitätsfremd – Alleine 80 Überstunden im Monat und mehr halten Betrieb noch am Laufen

Bei der Österreichischen Postbus AG haben diese Woche die Kollektivvertragsverhandlungen begonnen. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, der Zentralbetriebsratsvorsitzende Robert Wurm, fordert für die Angestellten und Beamten 11,65 Prozent mehr Gehalt plus einen Sockelbetrag von 300 Euro. Das erste Gegenangebot von Arbeitgeber-Seite – eine Erhöhung der Gehälter um 7 Prozent – bezeichnet Wurm als „realitätsfremd“ – auch, „wenn er ein ehrliches Interesse an einer Annäherung“ ortet.

„An allen Ecken und Enden fehlt es beim Postbus an Personal. Im Sommer sind bereits die ersten Busse wegen Personalmangels ausgefallen. Nur massive Zugeständnisse des Stammpersonals halten diesen Betrieb noch am Laufen. Einige leisten inzwischen im Monat 80 Überstunden und mehr. Als Gegenleistung 7 Prozent mehr Gehalt anzubieten, wenn das Leben gerade um ein Vielfaches teurer wird, wird zu wenig sein. Damit wird das Unternehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bei der Stange halten und auch keine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu gewinnen. Deshalb schießt sich die Postbus-Führung mit unattraktiven Gehaltsvorschlägen letztlich selbst ins Knie“, warnt Wurm.

Unterstützung erhält der Postbusbetriebsrat vom ÖGB und von der Kommunikationsgewerkschaft GPF (Post, Postbus, Telekom).

„Die größte Teuerungswelle seit 70 Jahren bedeutet gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigeren Einkommen eine enorme Belastung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Postbus sorgen jeden Tag dafür, dass hunderttausende Kinder in die Schule, hunderttausende Arbeiter und Arbeiterinnen in ihre Arbeit und viele Seniorinnen und Senioren zum Einkaufen oder zu ihren Angehörigen kommen. Die Anerkennung dieser Leistungen darf in diesen bewegten Zeiten nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Sie muss sich auch in einer entsprechenden Gehaltserhöhung niederschlagen“, fordert Richard Köhler, Vorsitzender der GPF und Vorstandsmitglied des ÖGB.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für Anfang November angesetzt. Teil des Verhandlungsteams der GPF sind neben dem Betriebsratsvorsitzenden Robert Wurm auch Josef Nigitsch (Stmk.), Johann Ritter (Tirol), Dieter Smolka (Wien/NÖ/Bgld.), Meinhard Petzmann (Ktn.), Gerald Kammerhuber (Sbg.), Andrea Huemer (OÖ) und Gerhard Marte Vbg.).

KV-Runde – A1-Belegschaft will
10,6 und Postbus 11,65 % mehr

Nun sind auch die Beschäftigten der A1 Telekom Austria und der ÖBB-Tochter Postbus in die Herbstlohnrunde eingestiegen. Für die A1 fordert die Belegschaft – wie schon die Metallindustrie – ein Plus von 10,6 Prozent. Die Kollegen vom Postbus wiederum haben einen Kavalierstart hingelegt und wollen 11,65 Prozent plus sowie einen Sockelbetrag von 300 Euro. Etwas zurückhaltender war zuletzt der Handel mit einer Forderung nach zehn Prozent mehr Lohn und Gehalt.

Bei der teilstaatlichen, börsennotierten Telekom hat sich die Belegschaftsvertretung für ihre rund 10.000 Beschäftigten heute jedenfalls schon in Position gebracht. In einer Vorab-Umfrage hätten sich über 80 Prozent der Teilnehmenden dazu bereit erklärt, zur Erreichung dieses Zieles an gewerkschaftlichen Maßnahmen teilzunehmen. Die Telekommunikationsbranche sei Gewinnerin der Coronakrise, es herrsche „eine Art Goldgräberstimmung“, so A1-Betriebsratschef Werner Luksch am Freitag in einer Aussendung.

Das Management seines Unternehmens habe selber öffentlich von einem Rekordergebnis gesprochen.
„Wir erwarten uns daher ein wertschätzendes Angebot der Arbeitgeberseite, das den Einsatz der Belegschaft, welcher diese Ergebnisse überhaupt erst möglich macht, auch abbildet“, so Luksch.

Die Beschäftigten beim traditionell kämpferischen Postbus verweisen auf die hohe Inflation und Arbeitsbelastung. „Alleine 80 Überstunden im Monat und mehr halten den Betrieb noch am Laufen“, so Zentralbetriebsratsvorsitzender Robert Wurm. Das erste Gegenangebot von Arbeitgeber-Seite – eine Erhöhung der Gehälter um sieben Prozent – bezeichnet Wurm als „realitätsfremd“ – auch, „wenn er ein ehrliches Interesse an einer Annäherung“ ortet.

Unrund läuft es derzeit auch bei den Bahnen. Die Gewerkschaft vida hat – nach der bisher erfolglosen Forderung nach Sonder-KV-Verhandlungen – nun Betriebsversammlungen für den 25. Oktober angekündigt. Angedroht wurden diese bereits vor zehn Tagen.

„Wir fordern 500 Euro für jeden, auf alle KV- und Ist-Gehälter, 250 Euro auf die Lehrlingseinkommen sowie die Erhöhung der valorisierbaren Nebengebühren um die rollierende Inflation“, bekräftigte heute Gerhard Tauchner, stv. Vorsitzender des vida-Fachbereichs Eisenbahn. Die Versammlungen würden „unter großer Bedachtnahme auf die Bedürfnisse unserer Fahrgäste einberufen“, versprach er.

Start der Betriebsversammlungen ist am 25. Oktober in Wien sowie in Innsbruck jeweils von 13 bis 14 Uhr. Fortgesetzt werden die Betriebsversammlungen in der Woche von 2. bis einschließlich 7. November tageweise in allen Bundesländern. „Beeinträchtigungen im Zugverkehr können von 2. bis 7. November dabei nicht ausgeschlossen werden und hängen davon ab, wie stark die Beschäftigten von ihrem Recht auf Teilnahme an den Versammlungen Gebrauch machen werden“, so die vida.